In unseren Städten kann durch das Bauen mit Holz dauerhaft Kohlenstoff gespeichert werden. Holzbau wird so Teil einer globalen Klimastrategie. Deshalb untersuchen wir die Synergien zwischen Architektur, Wald und CO₂-Kreisläufen. Am Beispiel des Berliner Wohnungsmarktes wird das Bindungspotential von urbanem Holzbau aufgezeigt.
Der nachwachsende Baustoff Holz speichert Kohlenstoff. Nachhaltige, bio-basierte Materialien benötigen Kohlenstoff, um zu wachsen. Dieser wird aus der Atmosphäre in Form von Kohlenstoffdioxid (CO₂) entnommen. So wird Kohlenstoff aktiv gebunden und Sauerstoff freigesetzt. Sofern unsere Wälder mehr Kohlenstoff binden als durch die Holzernte freigesetzt wird, dient der Wald- und Holzproduktsektor als globale Kohlenstoffsenke.
Holz- und Holzwerkstoffe sind Substitutionsmaterialien. Durch einen vermehrten Holzeinsatz vermeiden wir darüber hinaus Kohlenstoffdioxid-Emissionen, die sonst entstehen, wenn man mit mineralischen Baustoffen baut. Die nachhaltige Nutzung von Holz als Bindungs- und Substitutionsbaustoff wird damit Teil einer globalen Klimastrategie (1). Die Wirkung von Holzwerkstoffen als Kohlenstoffsenke wird anhand von vier Betrachtungsebenen gezeigt: Gebäude, Material, Wald und Planet.
In unseren Städten entsteht durch das Bauen mit Holz ein dauerhafter biogener Kohlenstoffspeicher. In einem mehrgeschossigen Wohngebäude aus Holz und Holzwerkstoffen werden je nach Bauart und Bauweise 100 bis 200 kg pro m² Wohnfläche an nachwachsenden Rohstoffen verbaut (2). In jedem Kilogramm ist Kohlenstoff eingelagert und solange das Gebäude besteht, verzögert sich die Freisetzung des Kohlenstoffs in die Atmosphäre. Erst wenn am Ende des stofflichen Lebenszyklus die Holzprodukte entsorgt und verbrannt werden, löst sich der Kohlenstoffspeicher auf und wird in Form von CO₂ an die Atmosphäre zurückgegeben. Somit ist es das Ziel Holzwerkstoffe so lange wie möglich in der VErwendung zu halten um die Entsorgung hinauszuzögern. Gleichzeitig muss bei der Anwendung von Holzprodukten im Bausektor zwischen der Wirkung von nachwachsenden Rohstoffen als Kohlenstoffspeicher und einer effizienten und effektiven Verwendung von Holz abgewogen werden. Es gilt mit den zur Verfügung stehenden Wäldern und Ressourcen möglichst viele Gebäude zu errichten.
Nachwachsende Materialien wie Holz beschreiben einen biotischen Stoffkreislauf. Ihr Lebenszyklus führt vom Pflanzenwachstum zur Baustoffgewinnung, Bauteilproduktion und schließlich zum Rückbau und biologischen Zersetzung. Durch Wiederverwendung und Werkstoffrecycling kann die Lebensdauer des Materials als Kaskadenwerkstoff verlängert werden. Während der mehrfachen Nutzung von Holz als Werkstoff und Baumaterial bleibt der gespeicherte Kohlenstoff für die gesamte Nutzungsdauer gebunden.
Holz besteht zu etwa 50% seiner Trockenmasse aus Kohlenstoff (C). Der Kohlenstoff wird zum Aufbau der lebenden Biomasse in Form von Wurzeln, Stamm und Ästen verwendet. Zum Aufbau von 1 kg Kohlenstoff werden der Atmosphäre 3,67 kg Kohlenstoffdioxid entnommen. Für die Herstellung von 1 kg Holzproduktmasse ist ein Rohholzbedarf von ca. 2 kg notwendig. Die Ernte von 2 kg Rohholz resultiert schließlich aus einer Gesamt-Biomasse von ca. 3,8 kg im Wald (3).
Nadel- und Laubhölzer benötigen Umtriebszeiten von über 80 Jahren. Gebäude in Holzbauweise werden in den kommenden 30 Jahre also aus dem heutigen Baumbestand entstehen. Nachhaltig bewirtschaftete Wälder sind ein unerschöpflicher Rohholzlieferant: Sie „produzieren“ kontinuierlich Holzprodukte sowohl für die stoffliche als auch für die energetische Nutzung.
Die Wälder Brandenburgs weisen zum Beispiel ein Rohholzpotential von 5,6 m³/a/ha auf. Eine besondere Bedeutung kommt daher der Ausbildung von Lieferketten im Zusammenhang mit der Ressource Wald als Baustofflieferant zu. Für die nachhaltige Baustoffnutzung lokaler Wälder ist der Holzbedarf langfristig abzuschätzen und der Wald im Hinblick auf die Herausforderungen des Klimawandels umzubauen.
Entwaldung und Walddegradation und die damit einhergehende Abnahme des globalen Kohlenstoffspeichers des Waldes tragen heutzutage maßgebend zum Klimawandel bei. Während andererseits der Klimawandel den Wald unter Druck setzt und die Degradation beschleunigt. Durch die Nutzung von Holz und Holzwerkstoffen allein kann noch kein Rückschluss auf einen Effekt zur Reduzierung von Klimagasen und globaler Erwärmung gezogen werden. Der Ursprung des Holzes und die Entwicklung des Holzverbrauchs sind wichtige Parameter bei der Beurteilung des Mitigationspotentials dieses Baustoffs. Nur eine erhöhte Produktivität des Waldes und eine daraus resultierende gesteigerte Anwendung von Holzprodukten im Bauwesen erzeugt einen globalen Zuwachs an Kohlenstoffbindung und somit eine Reduzierung der Klimagase durch Holzbau.
Im Rahmen des internationalen Klimaschutzabkommens (Kyoto-Protokoll) können Wälder bei der Bilanzierung der Emissionen als Kohlenstoffsenken angerechnet werden. Die CO₂-Senkenwirkung der Wälder wird durch eine nachhaltige Bewirtschaftung gesichert. Der Nachweis, dass verwendete Hölzer nicht illegal gerodet werden erfolgt durch eine Waldzertifizierung, zum Beispiel nach PEFC oder FSC.
Die Entscheidung, den durch die steigende Bevölkerungszahl entstehenden Neubaubedarf mit urbanem Holzbau zu beantworten, wirkt sich proportional auf globale CO₂-Speicher Vorkommen aus. Anhand von Bedarfsanalysen werden für variierende Holzanteile in Neubauten Holznutzungsszenarien zukünftiger Stadtentwicklungen erstellt.
Dass der Holzbau positive Effekte für Klimastrategien hat, zeigt sich an szenariobasierten Berechnungen. Jedoch hat der Ansatz des verbreiteten urbanen Holzbaus weitreichende Implikationen, die es genau zu berücksichtigen gilt. Der Bedarf eines etablierten urbanen Holzbaus wird sich also deutlich von der aktuellen Situation unterscheiden und das Ökosystem Wald in seiner Bereitstellungsfunktion unter Druck setzen. Möchte man zudem diesen Bedarf aus lokalen Quellen speisen, gilt es den Blick auf die regionalen Wälder zu lenken. Ausschlaggebende Parameter für das Ineinandergreifen von Stadtentwicklung und natürlichen Systemen ist deshalb maßgeblich die Baubranche, welche wiederum stark durch regulatorische Rahmenbedingungen – geschaffen von Bund, Ländern und Kommunen – beeinflusst wird.
Bei der Skalierung des urbanen Holzbaus gilt es daher, alle Stakeholder zu berücksichtigen und einen Kompromiss beim Wettbewerb um die stoffliche oder energetische Verwertung von Holz aber auch um die Erhaltung und Stabilisierung des Ökosystems zu finden.
Der urbane Holzbau besitzt so nicht nur das Potential die Baubranche grundlegend nachhaltiger zu gestalten, sondern auch dabei zu unterstützen den Wald resilienter zu machen.
Bibliography
1. Churkina, G. et al., Buildings as a global carbon sink, 2020 ↗
2. Hafner. A. et al., Methodenentwicklung zur Beschreibung von Zielwerten zum Primärenergieaufwand und CO₂-Äquivalent von Baukonstruktionen zur Verknüpfung mit Grundstücksvergaben und Qualitätssicherung bis zur Entwurfsplanung, 2016 ↗
3. Vogtländer, J. et. al., Carbon sequestration in LCA, a proposal for a new approach based on the global carbon cycle; Cases on wood and on bamboo, 2014 ↗
4. Wolf, T. et al., Potenziale von Bauen mit Holz, 2020 ↗
Complex Team (Living Systems)
Julia Dorn
Daniel Dieren
Martin Bittmann
Leonard Schrage
Coupling Ecosystems is funded by
For more information
research@complex.institute
Related Talk
from the Coupling Ecosystems: Distributed Symposium